Drei Fragen, die man sich beim Gegenangebot stellen sollte

Trotz Gegenangebot: Kein Rückzieher beim Jobwechsel

Es passiert immer häufiger. Eine IT-Fachkraft kündigt – und plötzlich ist das Unternehmen bereit, Wünsche zu erfüllen. Plötzlich wird mehr Gehalt versprochen, meistens eine baldige Beförderung. Warum es trotzdem besser ist, ein Gegenangebot abzulehnen.

2. März 2022 // 2 min Lesezeit

Wenig professionell, aber es kommt vor: Die komplett beleidigte Chefin oder der eingeschnappte Chef, wenn er oder sie eine Kündigung entgegen nehmen muss. Dann schwappt vom anderen Ende des Schreibtisches eine Welle der Entrüstung über den Tisch. Oder andersrum: Die Führungskraft bleibt ruhig, kann aber kaum verbergen, dass in der Sekunde eine neue Eiszeit angebrochen ist. Wer es schon einmal erlebt hat, wird bestätigen: Unbeherrschtheit ist aus Sicht der Fachkraft nur eine weitere Bestätigung für den richtigen Entschluss, nämlich das Unternehmen zu verlassen.

Schwieriger zu bewerten ist die gegenteilige Reaktion: Verständnis für die Kündigung in Verbindung mit einem Gegenangebot und der Beteuerung, von nun an werde vieles besser. Das ist eine sehr professionelle Reaktion, die immer häufiger bei Unternehmen zu beobachten ist. Man versucht mit profunden Gegenangeboten die wechselwillige Fachkraft nochmal umzustimmen. Ehrenwert und schmeichelhaft. Der Versuch ist aus mehreren Gründen verständlich.

- Erstens aufgrund der Kosten. Eine Stelle wieder zu passend besetzen, kostet das Unternehmen im Schnitt eine Summe, die sich zwischen ein und zwei Jahressalären bewegt. Das nur als grobe Hausnummer.

- Zweitens aus purer Not. Oft erfolgt das mitunter lukrative Gegenangebot, weil spezialisierte Fachkräfte selten sind, gerade im IT-Bereich ist das oft der Fall.

- Und drittens, aus ehrlich empfundener Reue. Weil auch dem Unternehmen aufgefallen ist, dass die Dinge hätten besser laufen sollen, im jeweiligen Team, in der gegenseitigen Wertschätzung oder in konkreten Projekten.

Immer mehr IT-Fachkräfte berichten, dass sie in solchen Situationen nochmal ins Nachdenken kommen. Das ist verständlich und sollte nicht in Bausch und Bogen abgelehnt werden. Wenn die eigene Kündigung als ultimativer Weckruf funktioniert, warum nicht? Tatsächlich gibt es plausible Argumente, eine einmal getroffene Entscheidung nicht mehr zurück zu nehmen. Drei Fragen, die man sich stellen kann.

Werden ich wirklich glücklicher, wenn ich das Angebot annehme?

Der vielleicht wichtigste Grund ist ihre eigene Unzufriedenheit. Nur in seltenen Fällen beseitigt ein Gegenangebot die wahren Gründe einer Kündigung. Und überhaupt: Warum erst jetzt? Dazu kommt: Sollte sich herumsprechen, dass jemand eigentlich auf dem Absprung ist, wird das Teamwork in der Folge eher schlechter statt besser.

Werde ich nur hingehalten?

Das kann man keiner Unternehmensführung verübeln: Erstmal Zeit gewinnen. Die Zeit wird erkauft mit einem lukrativen Gegenangebot. Eine naheliegende Reaktion, wenn ein Unternehmen weiß, dass es auf die Schnelle keinen Ersatz findet. Würde die Vermutung zutreffen, darf das Unternehmen nicht untätig bleiben, sondern müsste schnell starten, einen plausiblen Ersatz zu für die betreffende Position zu suchen. Die Fachkraft, die das Gegenangebot angenommen hatte, bleibt eine Fachkraft auf Zeit. Kündigung erfolgt, wenn Ersatz vorhanden.

Was passiert auf lange Sicht?

Ein deutlicheres Zeichen als eine versuchte Kündigung kann es kaum geben. Kein Loyalitätsbeweis, gewiss nicht. Das könnte Folgen haben. Kurzfristig befördert, langfristig auf dem Abstellgleis. Ehemalige Absprungkandidaten haben es meistens schwerer als andere, die weniger belastet sind.

Gegenangebote sind dementsprechend mit Vorsicht zu genießen. Plötzliche Charme-Offensiven mögen dem eigenen Ego schmeicheln, aber es gibt gute Gründe, eine einmal getroffene Entscheidung nicht mehr zurück zu nehmen. Zentral ist meistens die Frage: Welche Karriereentscheidung bringt mich dort hin, wo ich wirklich hinkommen möchte?

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Bernd Sautter Autor

schreibt gerne über Menschen, ihre Motivation, ihre Karriereentscheidungen und das, was sie im Inneren antreibt.


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