Deutschkenntnisse erwünscht
IT-Spezialistinnen und -Spezialisten wandern aus Russland ab. Der Branchenverband Bitkom will weitere Fachkräfte anwerben. Solide Deutschkenntnisse sind allerdings Voraussetzung. Die Diskussion über Sicherheitsstandards ist in vollem Gange.
26. Juli 2022 // 2 min Lesezeit
Auswanderungswillige IT-Fachkräfte aus Russland und Belarus gezielt nach Deutschland holen – dafür spricht sich der IT-Branchenverband Bitkom aus. Ziel ist es, den Fachkräftemangel in der Bundesrepublik zu lindern. „Indem wir Fachkräfte aus Russland und Belarus zu uns holen, wird der Aggressor spürbar geschwächt - und gleichzeitig der Standort Deutschland gestärkt“, erläutert Bitkom-Präsident Achim Berg.
In Deutschland gibt es nach Bitkom-Angaben derzeit 96.000 offene IT-Stellen. In den kommenden Jahren dürfte sich der Mangel verschärfen, weil IT-Fachkräfte aus den geburtenstarken Jahrgängen in den Ruhestand gehen. Russland wiederum verzeichnet seit dem Ukraine-Krieg eine Abwanderungswelle von zehntausenden IT-Fachkräften.
Um diese Chance für Deutschland zu nutzen, hat Bitkom die Bundesregierung aufgefordert, ein Sofortprogramm #greencard22 aufzulegen. Ähnlich wie bei der Greencard Anfang der 2000-er Jahre solle für IT-Fachkräfte aus Russland und Belarus innerhalb einer Woche eine Arbeitserlaubnis erteilt werden, wenn diese über ein konkretes Jobangebot in Deutschland verfügen. Darüber hinaus fordert der Bitkom fein beschleunigtes Visumverfahren zur Arbeitsplatzsuche.
Um Sicherheitsrisiken auszuschließen, schlägt der IT-Branchenverband eine behördliche Sicherheitsüberprüfung vor. Diese soll nachweisen, dass die einwanderungswilligen IT-Fachkräfte die Grundsätze und Werte der Demokratie in Deutschland teilen. „Viele IT-Fachkräfte in Russland und Belarus gehören zur globalen digitalen Gesellschaft“, berichtet Berg. „Freiheitliche und pluralistische Werte, für die das Internet geradezu symbolhaft steht, sind ihnen wichtig. Dass sie unsere Werte teilen, muss auch die Voraussetzung sein, um nach Deutschland kommen und hier arbeiten zu können.“ Die Diskussion über die Sicherheitsbedenken im Zusammenhang mit russischen IT-Fachkräften wird im Moment in Politik und Wirtschaft geführt.
Selbstverständlich ist der deutsche Arbeitsmarkt auch für Menschen aus der Ukraine offen. Allerdings ist im kriegsgebeutelten Land die Ausreise für wehrfähige Männer zwischen 18 und 60 nur unter bestimmten Umständen erlaubt. Da dieses Profil auf einen Großteil der IT-Fachkräfte zutrifft, stehen sie dem Personalmarkt bis auf weiteres nicht zur Verfügung.
Hiesige Personalberatungen sehen für IT-Zuwanderer aus Russland, Belarus und der Ukraine gute Karrierechancen in Deutschland.“ berichtet Michael Weber, Geschäftsführer der auf die Vermittlung von IT-Fach- und Führungskräften in die Festanstellung spezialisierten Personalberatung grinnberg. Er betont aber im selben Atemzug, dass in Unternehmen auf solide Deutschkenntnisse großen Wert gelegt wird.“ Der Kontakt mit einer Personalberatung bringt auch ausländischen IT-Fachkräften laut Weber entscheidende Vorteile: „Als Personalberatung stehen wir ständig in Kontakt mit so vielen Unternehmen. Wir kennen die Situation dort sehr genau. Darum wissen wir genau, welche Skills gefordert sind. Gute Deutschkenntnisse erhöhen die Job-Chancen enorm.“
Photo by James Marty on Unsplash
Jürgen Frisch Journalist
ist als ausgebildeter Journalist seit mehr als 18 Jahren in der IT-Branche unterwegs. Derzeit betreibt er ein eigenes Redaktionsbüro in Stuttgart.